Und wieder mal war es soweit, die internationale Musikmesse Frankfurt oeffnete ihre Pforten für alle musikbegeisterten Besucher und bot einen satten Blick auf die schönsten Instrumente, die die Welt anzubieten hat. In der Halle 1.2 treffen sich seit vielen Jahren die Streicher und testen in aller Ruhe die edlen Werke der Geigen- und Bogenbauer. Die Qualität war wie immer sehr hoch und viele Aussteller hatten ein besonderes Instrument als Hingucker auf ihrem Stand.
Die Firma Emanuel Wilfer baut seit 1905 Kontrabässe. Rudi Wilfer zeigte stolz einen Kontrabass mit atemberaubend schönen Rücken aus Vogelaugenahorn, der dazu noch breite Flammen aufwies. Rudi Wilfer lackierte dieses einzigartige Stück Holz in so meisterlicher Art, dass sich Trauben von Zuschauer bildeten, um dieses schöne Teil zu bewundern. Rudi hat mit seinen 67 Lenzen über 50 Jahre Berufserfahrung und das sieht man seinen Werken auch an. Sein Lack ist von unglaublicher Tiefe und Klarheit, beim Betrachten hat man schier das Gefühl, einen dreidimensionalen Raum vor Augen zu haben. Klanglich liess der Bass natürlich keine Wünsche offen und mancher Meisterbassist spielte mit Genuss auf diesem seltenen Bass. Leider konnte ich den Bass nicht erwerben, er wird im Herbst an der internationalen Musikmesse in Shanghai nochmals ausgestellt. Wer diesen Anblick hier verpasst hat, hat also in China nochmals ein gute Chance.
Die Nachfrage nach leichten und doch stabilen Basscases hat zu erstaunlichen Resultaten geführt. Ein interessanter Prototyp aus extrem leichten Carbonfiber wurde mit der Versicherung angeboten, 100 Kilo Druck auszuhalten. Roland Wilfer nahm den verduzten Erfinder gleich beim Wort und tanzte auf dem Case ein paar gekonnte Schritte Chacha. Das Case hielt die elegante Darbietung schadlos aus und Roland konnte einen begeisterten Applaus einheimsen.
Der Erfinder war ebenso begeistert und wohl auch etwas erleichtert. Diese Art von Feuertaufe in Anwesenheit so vieler Musiker ging gut aus. Das kleinste Knistern oder Knacken im Carbon oder ein nachgebender Beschlag hätte den Test aber auch in Hohnlachen verdrehen können. Da dieses Modell bloss ein Prototype war, waren einige Details noch nicht serienreif. Zum Beispiel die Räder müssen nochmals überarbeitet werden. Die Stabilität hat es aber mehr als genug bewiesen, denn Roland testete die Statik mit seinem Tanz wirklich ausgiebig. Ich bleibe an diesem Produkt dran und informiere bei Gelegenheit weiter….
Ein weiteres Case für den genialen Christopher RN ( Removable Neck, wegnehmbarer Hals ) zeigten Jonas und Marcus an ihrem Stand. Der Korpus und der abmontierte Hals haben separate Abteile und können mittels Klettstreifen schnell und sicher an ihrem Platz festgemacht werden. Platz für Bogen und Ersatzsaiten sowie Kleinmaterial hat es reichlich. Die stabilen Räder und diverse Griffe machen den Transport einfach. Zudem lässt sich das Case wie ein moderner Koffer stehend vor sich hinschieben. Die Höhe von nur 135 cm machen das leicht möglich. Diese elegante Lösung überzeugte mich sofort und ich bestellte schon den ersten Bass plus Case. Sofort nach Eingang des Modells werde ich gute Fotos machen und auf meiner Homepage www.kontrabass.ch veröffentlichen. Da dieses Modell grossen Anklang fand, wird es aber einige Monate dauern, bis es soweit ist.
Erfreuliches gab es auch von der Schweizer Firma Wharry zu hören, die zum ersten Mal mit einem eigenen Stand in Frankfurt vertreten war. Der Importeur von namhaften Saitenfirmen wie Pirastro oder Thomastik hat seine Preise extrem gesenkt und ich werde meine Preise in Kürze anpassen. Da konnte ich`s mir allerdings nicht verkneifen auch mal die Qualität anzusprechen. Vorallem Infeld /Thomastik macht es sich in letzter Zeit etwas einfach und ich hatte in den letzten 3 Jahren immer wieder mal tote Saiten im Satz. Ich würde es sehr begrüssen, wenn die Saitenhersteller solche Reklamationen ernst nähmen und sich wirklich um eine Klärung der Ursachen bemühen würden. Hier zu kneifen zahlt sich auf die Dauer nicht aus und führt langfristig zu einer Rufschädigung.
Leider merkt man es nicht nur bei den Saiten. Der Preisdruck führt bei manchen Firmen zu nachlassender Qualität. Solange der Konsument nur den Preis sieht und die Hersteller und Händler mit fragwürdigen Tiefpreis Angeboten aus dem Internet zu drücken sucht, wird diese unselige Entwicklung andauern. Qualität muss das erste Gebot bleiben und es ist eine alte Schweizer Tugend, bei einem Kauf als Erstes auf Qualität zu achten.
In diesem Sinne, bis gleich wieder mal, Euer
Giorgio Pianzola, Kontrabassbauer
© Copyright Text und Fotos G. Pianzola, Bern 2012