Anfang Oktober fand, wie seit einigen Jahren schon, die Insidermesse für Geigenbauer in Cremona, der Wiege des Geigenbaues statt. Eine tolle Stimmung und eine historische Kulisse plus Aussteller aus aller Welt, was kann man da mehr erwarten als drei Tage Vergnügen und purer Genuss.
Der Grund, wieso ich erst jetzt von diesem gelungenen Anlass berichte, war eine hartnäckige Grippe, die mich kurz nach dieser Messe lahmlegte und mich einfach nicht mehr loslassen wollte. Die Erinnerungen an diese drei tollen Tage vermochte mir das Fieber nicht zu trüben und die spärlichen Fotos bestätigen meinen Spass. Nicht an allen Ständen war fotographieren erwünscht und so kann ich nur einige wenige Schnappschüsse zeigen.
Die Messe ist auch überschaubar und findet fast in einem familiären Rahmen statt. Nicht so wie in Frankfurt oder Shanghai, wo man in den Riesenhallen fast die Erdkrümmung sieht und sich jederzeit verlaufen kann. In Cremona ist das alles anders. Wenn auch dieses Jahr mehrere Aussteller dazugekommen sind und einige Reihen Stände mehr dastanden als auch schon.
Vor allem Deutschland hatte dieses Jahr durch den bayerischen Gemeinschaftsstand einen starken Auftritt. Die vife Edith Böhm und der unermüdliche Geigenbaumeister Günther Lobe hatten in nur zweieinhalb Monaten 19 Firmen für diese Messe begeistert. Auch die Traditionsfirma Emanuel Wilfer mit Ihren wunderschönen Kontrabässen stellte aus und fand begeisterte Beachtung . Die geniale Restauratorin Brigitte Brandmair stellte ihr neues Buch über den Lack von Stradivari mit solchem Engagement vor, dass es ihr buchstäblich die Stimme verschlug.
Die beiden Herren auf dem Bild hatten gut lachen. Der Meister und sein Assistent wurden regelrecht belagert. Kein Wunder, wenn man wie Roland über soviel Talent und Geschick verfügt, jeden erdenklichen Steg freihändig aus wunderschönem Ahorn zu schneiden. Ich freue mich selber jedes Mal, wenn ich einen seiner Stege auf einen Bass passe. Ueber seine makellose Arbeit und die geschmackvollen Modelle, die er über die Jahre ersonnen hat. Ein wahrer Künstler seines Faches und ein lustiger, lebensfreudiger Mensch voller Witz und Schalk.
Ein weiterer Spassvogel zeigte eine Rarität, die man wohl selten im Leben zu Gesicht bekommt. Peter Körner stellte auf seinem Stand ein Cello von Giovanni Grancino, gebaut 1699, aus. Der Lack dieses immerhin 311 Jahr alten Meisterwerks ist von irisierender Schönheit; mit einem Foto ist es schier unmöglich, diese Leuchtkraft auch nur annähernd wiederzugeben. Die Stimme dieses Meisterwerks tönte über die ganze Messe und der Stand wurde regelmässig belagert. Trotzdem fand Peter immer Zeit, einen seiner unvergleichlichen Witze zum Besten zu geben oder einem Kollegen einen guten Rat zu schenken. Auch ich genoss diese Freizügigkeit und bedanke mich ganz herzlich dafür.
Ein sehr ernsthafter, junger Franzose mit einem italienischen Namen, den ich leider vergessen habe ( das Alter, sorry ) zeigte voller Stolz diesen Jacquet Bass und rief dafür die Summe von 40`000 Euro auf. Eigentlich ein angemessener Preis, wenn man die perfekte handwerkliche Arbeit dieses Meisterbasses betrachtete und der tadellose Zustand, in dem sich der Bass befand. Tonlich könnte man aus dem Bass sicher noch etwas herausholen, aber das ist immer eine Frage der Erfahrung und Bass spielen zu können ist dabei von grossem Vorteil. Man sieht dem jungen Restaurateur seine Befriedigung über seine Arbeit an und so ging es vielen jungen Geigenbauern an der Messe. Man sah unzählige glückliche Gesichter und freute sich über die lebendige Begeisterung, mit der das Handwerk des Geigenbaues und die jahrhundertelangen Traditionen weitergepflegt werden.
Für mich war diese Zeit in Cremona ein grosser Erfolg und eine Bestätigung meiner Liebe zum Streichinstrument. Mag man manchmal in der Abgeschiedenheit seiner Werkstatt auch ins Zweifeln geraten über die Zukunft des Kontrabasses, so kann man an einem Ort wie Cremona wieder Mut schöpfen: das Streichinstrument ist lebendiger denn eh und begeistert auch nach vielen Jahrhunderten die Menschen mit seinem Klang und seinem Zauber.
In dem Sinne……viel Spass und bis bald
Giorgio Pianzola Kontrabassbauer