Der Geigenbau ist ein altes und faszinierendes Handwerk und bewahrt viele Geheimnisse. Denn das Streichinstrument hat seine unergründlichen Seiten und selbst Albert Einstein, der ein begeisterter Geiger war, konnte mit seinem erstaunlichen Geist die Physik seiner eigenen Geige nicht völlig aufschlüsseln. Er meinte, er hätte mehr Gesetzmässigkeiten im Weltall gefunden, denn in der Geige…..!
Auch nach einem erfüllten Leben voller Arbeit in meiner eigenen Werkstatt erlebe ich immer noch Ueberraschungen. So wie diese wunderschöne Decke, die in ihrem Innern die Handschrift von dutzenden Reparateuren verewigt.
Sicher über mehrere Jahrhunderte haben sich diese Zeugen der Zeit gehalten und dem Bass die Kraft gegeben, zu tönen. Kaum zu erahnen, welche schwierigen Zeiten dieser Bass wohl erlebt haben mag.
Die Spuren der Zeit sind auf jeden Fall nicht nur im Innern erhalten geblieben. Einige Teile dieses alten Kontrabasses fehlen völlig, andere sind schwer beschädigt und müssen restauriert werden. Auch der Wirbelkasten ist beschädigt, die Schnecke hat aber überlebt.
Denn die Schnecke eines Streichinstrumentes nennt man auch treffend die Unterschrift des Erbauers. Jede Schnecke ist anders geschnitten und nur durch jahrelanges Training erkennt man die feinen Unterschiede.
Wahren Kennern gelingt es in vielen Fällen sogar, anhand der Schnecke zu bestimmen, aus welchem Land und welcher Schule, ja von welchem Bauer diese Arbeit stammt. Diese Schnecke ist jedoch sehr ungewöhnlich und erinnert mit ihrem grossen Hinterkopf fast an etwas Ausserirdisches. Ich habe nie zuvor etwas Aehnliches gesehen.
Auch nach 40 Jahren in meinem eigenen Geschäft fasziniert mich der Geigenbau immer aufs Neue. Streichinstrumente, die über 300 Jahre, ja sogar über 400 Jahre alt sind und noch immer gespielt werden, verblüffen mit ihrem Klang und lassen selbst erfahrene Geigenbauer immer wieder staunen…..
In diesem Sinne, viel Spass und bis gleich wieder mal hier auf meinem Blog,
Giorgio Pianzola, Geigenbauer
© Copyright, Text und alle Fotos. Giorgio Pianzola, Bern 2024