Die Schnecke, dieses wunderschöne Gebilde, das mit seiner formvollendeten Eleganz den Kopf des Kontrabasses krönt und einen würdigen Abschluss zum Wirbelkasten bildet, wird seit Jahrhunderten bei den Streichinstrumenten als „Unterschrift“ des Bauers betrachtet. Wer schon mehrere Schnecken nebeneinander betrachtet hat, sieht sofort die verblüffenden Unterschiede und versteht unmittelbar das Talent eines genialen Bauers. Deswegen ist es auch wichtig, dass die Originalschnecke beim Instrument verbleibt und bei einem Schaden wieder verleimt wird. Leider ist sie etwas exponiert und es ist gar nicht so selten, dass die Schnecke durch einen Schlag vom Wirbelkasten bricht. Doch so einfach ist ihre Verleimung nicht und es bedarf sorgfältiger Vorbereitung.
Da die Schnecke gerundet ist und ausser der Bruchstelle über keine parallelen Flächen verfügt, ist es äusserst schwierig, eine Zwinge anzusetzen, um den für eine Verleimung nötigen Druck zu generieren. Deswegen müssen zuerst zwei der Flucht der Bruchstelle folgenden Ebenen erstellt werden, auf deren Flächen die Zwingen unten und oben Halt finden. Mit vielen „Zulagen“ genannten Formen, die man teils nur für diese Reparatur herstellt, wird die Reparatur zuerst ohne Leim geprobt. Zudem ist strikte darauf zu achten, den Hals und den Korpus nicht mit zuviel Gewicht zu belasten und keine Druckstellen zu hinterlassen.
Doch die wirkliche Herausforderung steht noch bevor. Sobald man nämlich die Bruchstelle mit Leim bestrichen hat, verwandelt sich die zuvor so perfekte Reparatur in eine schwer kalkulierbare Rutschpartie, da der flüssige Leim jede Abweichung vom axialem Druck mit einer Verschiebung des Werkstückes quittiert. Dies ist unbedingt zu vermeiden, da der Riss wegen der Lackierung nicht überarbeitet werden soll, sondern möglichst genau passen soll. Da zeigt sich nun der Meister und eine genaue Vorbereitung mit exakt passenden Zulagen plus zwei oder drei zusätzlichen Zwingen, mit den man die Druckverteilung sogar regulieren kann, führen zum gewünschten Ergebnis.
Die geringen Lack Absplitterungen, die beim Unfall von der Bruchstelle platzten, lassen sich Dank einer genauen Verleimung leicht retuschieren. Voraussetzung dazu sind der passende Lack und das Wissen um die Kunst der Retusche. Doch dazu ein anderes Mal hier auf meinem Kontrabassblog.
Das letzte Foto zeigt die splitterige Naht vor der Retusche!
Viel Spass mit unserem gemeinsamen Freund, dem Kontrabass und bis gleich wieder mal
Giorgio Pianzola, Kontrabassbauer
© Copyright Text und alle Fotos, Giorgio Pianzola, Bern 2017