Die Anforderungen an eine Stimm-Mechanik eines Kontrabasses sind eigentlich einfach:
1) Absolute Stimmstabilität und ruckfreies Stimmen mit widerstandsarmem Drehmoment sind ein Muss.
2) Geringes Gewicht und einfaches Aufziehen neuer Saiten sind ein willkommenes Plus.
3) Ein ansprechendes Design, das zum Bass passt ist eine Freude.
Meistens merkt man leider erst beim Saitenwechsel, wie gut die Mechanik wirklich funktioniert. Denn hier werden mehrere volle Umdrehungen der Achsen getätigt und nicht nur kleine Stimmbewegungen geführt. Bei einer guten Mechanik sollte diese Arbeit mit einem einfachen Wirbeldreher innert nützlicher Zeit möglich sein.
Der Meisterbassist Mich Gerber spielt einen speziellen Kontrabass, der vor vielen Jahren auf 5 Saiten umgebaut wurde. Die für diesen Umbau verwendete, sehr schwere Messingmechanik erwies sich aber als wenig zuverlässig. Wie man auf dem Foto erkennen kann, schabten die scharfen Kanten der Spindel mit jeder Umdrehung gefährlich lange Splitter aus den Vertiefungen der Zahnräder. Wehe dem Bassisten, der einen solchen dünnen Span in den Finger fasst, unendliche Schmerzen sind die Folge.
Mich Gerber entschied sich für den Einbau der berühmten Gloor Holzwirbelmechanik. Ich hatte die selbe Mechanik schon vor 20 Jahren auf einem seiner Kontrabässe montiert und sie hat sich tadellos bewährt. Zudem wiegt sie pro Saite bloss 147 Gramm, was gegen die 290 Gramm der alten Mechanik eine willkommene Gewichtsersparnis bedeutet. Der Umbau ist allerdings aufwendig und muss genau geplant sein. In akribischer Kleinarbeit wird alles genau vermessen und auf speziellem, lackfreundlichen Klebeband aufgezeichnet.
Auf dem Foto erkennt man gut die bereits mit Hartholz ausgebuchsten Löcher der alten Mechanik. Zudem erkennt man eine neu aufgebohrte Öffnung für einen neuen Wirbel. Es versteht sich von selber, dass man nicht unendlich viele Löcher in die Wirbelkastenwand bohren kann. Die Statik des Wirbelkastens ist sehr wichtig und mit jeder Bohrung wird sie trotz eingesetztem Holz geschwächt.
Zudem muss jede Bohrung genau winklig geführt werden. Denn jede Ungenauigkeit würde mit steigendem Saitenzug zu einem Verdrehen des Zahnrades zur Spindel hin führen. Ein Hauptgrund für die meisten Probleme mit klemmenden Mechaniken. Das Foto zeigt die zu diesem Umbau benötigten Werkzeuge und diese unvollständige Ansammlung lässt die Komplexität dieses Umbaues in etwa erahnen.
Nach der Endmontage der Mechaniken werden die Holzwirbel auf der Drehbank auf die richtige Länge geschnitten und fertig poliert . Die Saitenlöcher am richtigen Ort zu bohren kann ganz schön trickreich sein. Mit alter Seife werden die Laufflächen geschmiert und beugen dem gefürchteten Knarren vor. Nun ist der Bass bereit für die Saiten und der erste Test ist gleich eine einfache Saitenkurbel, mit der ich die Saiten blitzschnell und mühelos montiere. Der Bass spricht meines Erachtens auch viel besser an. Immerhin hat der Kopf satte 700 Gramm an Gewicht verloren. Das letzte Wort hat aber der Musiker. Er kennt seinen Kontrabass viel besser und länger und weiss wohl um die klanglichen Eigenheiten seines Instrumentes.
Mich Gerber prüft den Bass genau und ist mit der Arbeit zufrieden. Er wird mit diesem Instrument auf der Bühne arbeiten und kann nichts dem Zufall überlassen. Mich ist seit vielen Jahren als Solobassist rund um die Welt tätig und ist in unzähligen Auftritten und mit zahlreichen Schallplatten und CD Veröffentlichungen bekannt geworden. Solokonzerte mit dem Kontrabass gehören denn auch zur absoluten Herausforderung in der Musikwelt. Ein Besuch eines seiner faszinierenden Konzerte ist ein wahrer Genuss. Die neusten Infos findet man auf seiner schönen Homepage: www.michgerber.ch
Solche Umbauten sind immer eine Herausforderung, die man nie unterschätzen sollte. Und genau diese Herausforderung ist es, die mein Beruf auch nach 32 Jahren so spannend macht. Denn die Zufriedenheit des Musikers gibt den langen Stunden in der stillen Werkstatt Sinn und Grund, jedesmal das Beste zu geben.
In diesem Sinne, viel Spass und bis gleich wiedermal hier auf meinem Kontrabassblog
Giorgio Pianzola, Kontrabassbauer
© Copyright, Text und alle Fotos G.Pianzola, Bern 2016